Das Wachstum der Augenmedizin

Weltweit wird die Augenmedizin immer wichtiger, sei es bei Medikamenten, der Medizintechnik oder im Handel. Das zeigt die Börsen-Visite von Hendrik Lofruthe, Portfolio Manager Healthcare bei apoAsset, anlässlich des Sehbehindertentags. Getragen wird das Wachstum durch die steigende Lebenserwartung, die Nachfrage in Schwellenländern und Innovationen wie KI und Gentherapien.

Börsen-Visite

Ob einfache Kontaktlinsen, komplexe Augen-OPs oder neuartige Medikamente – in der Augenmedizin dreht sich alles darum, die Sehkraft zu erhalten oder wiederherzustellen. So vielfältig die Krankheiten sind, so vielfältig sind auch die Unternehmen und die Möglichkeiten, in sie zu investieren.

Dabei verfolgen die beteiligten Unternehmen auch neue Ansätze. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis kooperiert beispielsweise mit dem Start-Up RetinAI, um mit Künstlicher Intelligenz eine schnellere und genauere Diagnose der altersbedingten Makula-Degeneration zu entwickeln. Das ist die häufigste Ursache von Erblindungen bei Erwachsenen in Deutschland. Auch aus der Biotechnologie kommen wirtschaftlich und medizinisch interessante Innovationen: Das US-Unternehmen Spark Therapeutics hat eine Gentherapie zur Behandlung einer seltenen, vererbbaren Augenkrankheit entwickelt. Vermarktet wird sie ebenfalls von Novartis.

Silver Ager und Schwellenländer haben den größten Bedarf

Nach Schätzungen der WHO sind über 4,5 % der Weltbevölkerung sehbehindert oder blind, die meisten davon sind älter als 50 Jahre. Aufgrund des demographischen Wandels dürften es langfristig deutlich mehr werden. Weltweit betrachtet wären die meisten Sehbehinderungen und Erblindungen jedoch vermeidbar. Sie entstehen meist dadurch, dass sie nicht rechtzeitig behandelt oder operativ behoben werden. In Ländern mit relativ schlechter Gesundheitsversorgung kommen Augenkrankheiten besonders häufig vor. Der größte Nachholbedarf und die größten Wachstumschancen liegen daher in aufstrebenden Schwellenländern wie Indien oder China. Dort werden die Gesundheitssysteme am stärksten ausgebaut. Doch Volkskrankheiten wie der Graue Star sind selbst bei bester medizinischer Versorgung noch nicht heilbar. Daher besteht auch in Industrieländern noch großer Bedarf an Innovationen und immer besseren Therapien. 

Vom Massenmarkt Brillen bis zum Nischenmarkt High-Tech-Linsen

Allein Lesehilfen haben ein jährliches Umsatzpotenzial von 85 Milliarden Euro, prognostiziert der französische Brillenglas-Hersteller EssilorLuxottica. Zunehmende Alternativen sind Laser und mikroinvasive OPs. Dabei werden Patienten künstliche Linsen ins Auge eingesetzt, so genannte Intraokular-Linsen. Dieser chirurgische Markt ist schätzungsweise 8,5 Milliarden Euro groß und wächst jedes Jahr um fünf bis sieben Prozent.

Von Carl Zeiss Meditec bis zu großen Gesundheitskonzernen

Wo liegen in der Augenheilkunde mögliche Anlage-Chancen? Ein Überblick über die wichtigsten Unternehmen der Ophthalmologie zeigt ein gemischtes Bild: So tummeln sich an der Börse einerseits Unternehmen wie Alcon (Schweiz/USA), Carl Zeiss Meditec (Deutschland) oder Cooper (USA), die sich ausschließlich auf die Augenheilkunde spezialisiert haben. Alcon, ehemals Teil von Novartis und mittlerweile wieder eigenständig, spielt bei Augen-OPs, Diagnostik und Linsen eine starke Rolle. Auf dem Gebiet der intraokularen Linsen zählt der US-Riese Johnson & Johnson zu den Marktführern. Bei Augenmedikamenten dominieren zwar generell vor allem die großen Pharmaunternehmen wie Novartis (Schweiz) oder Abbvie (USA), deren Produktportfolios weit größer sind. Trotzdem finden sich auch hier Nischenplayer wie Aerie Pharmaceuticals (USA).

Beispiele für börsennotierte Unternehmen für Augenmedizin

Patienten werden zu Konsumenten

Mit jeder medizinischen Innovation wächst natürlich auch der Anspruch der Patienten und ihr Einfluss auf die Wahl der Behandlung. Ihre Rolle wandelt sich vom Hilfe-Empfänger zum Konsumenten. Dies versuchen Unternehmen zu ihren Gunsten zu nutzen durch Innovationen im Vertrieb und Marketing, zum Beispiel durch Bonusprogramme für Kontaktlinsen. In der Brillenindustrie spielt neben dem medizinischen Faktor zum Beispiel auch die Moden eine wichtige Rolle. Während eine Brille einst als Makel galt, wird sie heute oft als modisches Accessoire verkauft.

Hendrik Lofruthe ist seit 2015 Portfolio Manager Healthcare bei apoAsset. Er gehört zum Management-Team für die globalen Gesundheitsfonds apo Medical Opportunities, apo Digital Health, apo Medical Balance und apo Emerging Health. Er verfügt über akademische Abschlüsse als M.Sc. Finance und CFA und langjährige professionelle Investment-Erfahrung im weltweiten Gesundheitsmarkt.